Miasmen - Sykose
Um für die Sykose miasmatypische Symptome zu erhalten erstellte v. Bönninghausen, durch Aussonderung der gemeinschaftlichen Zeichen von Thuj, Sulf und Merc aus den Thuja-Symptomen, eine auf die (reine?) Sykose bzw. die sykotischen Symptome der Thuj beschränkte Symptomenliste.
▶ Die darin aufgeführten Symptome können - als ausschließlich dem sykotischen Miasma angehörend - zur Diagnose der Sykosis, als vorhandenes und ggf. aktives Miasma, verwendet werden[1].
Diese wichtige Symptomenliste ist abgedruckt im Anhang dieses Büchleins („Spezielle Symptome des Lebensbaums“ in: „Zur Anamnese der Sykosis“, AHZ 65 Heft 13 (1862), KMS S. 722-729).
Aus dieser (sykotischen) Symptomenliste ergab sich außerdem durch Vergleich der einzelnen Symptome mit der Materia medica eine größere oder geringere Verwandtschaft mit den weiter unten in der "Liste Antisykotischer Mittel" aufgeführten Mitteln:
„Aber eben bei dieser Vergleichung ergibt es sich gleichzeitig, dass mehrere von denjenigen Arzneimitteln, welche Hahnemann zu den antipsorischen gezählt hat, ebenso gut zu den antisykotischen gerechnet werden dürfen. Diese sind daher bei den Symptomen, wo sie vorkommen, eingeklammert beigefügt, und erweitern auf diese Weise die Reihe der antisykotischen Mittel um eine sehr beträchtliche Anzahl, die besonders dann von Wichtigkeit ist, wenn man es mit Komplikationen der verschiedenen Grundmiasmen zu tun hat, wo man mit einem Hauptmittel allein nicht mehr ausreicht.“[2] [Hervorhebung - im Fettdruck - durch den Bearbeiter]
Über diese antisykotischen Mittel schreibt v. Bönninghausen Ende 1863, kurz vor seinem Tod, noch: „...Immer mehr aber gewinne ich die Überzeugung, dass viele von Hahnemanns antipsorischen Mitteln mehr oder weniger dem Bereich der Sykosis angehören und nur dann ihre volle Wirkung tun, wenn sie sykotischen Boden antreffen. Was ich darüber im vorigen Jahr (bei unserer Versammlung)[3] gesagt habe, bestätigt sich immer mehr und mehr und dürfte, wie ich glaube, wert sein, mit Sorgfalt weiter erprobt zu werden. Ich wäre im Stande, darüber mehrere nicht uninteressante Krankheitsfälle und Heilungen mitzuteilen.“[4] [Hervorhebungen - im Fettdruck - durch den Bearbeiter]
Liste antisykotischer Mittel
(die vorzugsweise bei aktiver Sykose zu verwenden sind)
Anac, Ant-c, Apis, Ars, Bar-c, Bell, Calc, Carb-an, Carb-v, Caust, Chin, Euphr, Ferr, Graph, Hep, Jod, Kali-c, Lach, Lyc, Mez, Nit-ac, Phos, Ph-ac, Plat, Plb, Puls, Rhus-t, Sabad, Sel, Sep, Sil, Spig, Staph.
Anac=1-wertig, Calc=2-wertig, Apis=3-wertig, LACH=4-wertig.
Diese Liste bezieht sich auf "Specielle Symptome des Lebensbaums" (KMS 722-729, 1862), aufgeführt im Anhang dieses Büchleins, und ergibt sich rein rechnerisch aus der Anzahl der Symptome, bei denen diese Mittel den jeweiligen, dort verzeichneten sykotischen Symptomen der Thuja in Klammern (als dieses Symptom ebenfalls aufweisende Vergleichsmittel) beigefügt sind, wobei es keine erkennbar besondere Rolle spielt, ob dort diese Symptome kursiv oder normal gedruckt sind.
▶ Über die in dieser Liste genannten Mittel bemerkt v. Bönninghausen ebenfalls:
„Sowie diese eben durch solche Konkurrenz auf eine sykotische Anamnese hindeuten, so ist auch, wie die Erfahrung es bereits in zahlreichen Fällen bestätigt hat, die Anwendung derselben bei den, nachweislich aus dieser Quelle entstandenen Beschwerden vor anderen hilfreich, wenn sie auch jedesmal in Gemäßheit des homöopathischen Grundprinzips anderweitig richtig gewählt sind[5]. Denn äußerst selten gelingt es in der Praxis durch die Thuj allein das ganze sykotische Miasma in seinen vielfachen Proteusformen zu zerstören, ebenso wenig, wie es mit dem Schwefel allein bei der Psora, oder mit dem Quecksilber bei der Syphilis und deren mannichfaltigen Folgebeschwerden der Fall ist. Noch weniger ist dies aber da zu erwarten, wo, wie so oft, Komplikationen von den zwei oder drei Miasmen vorkommen...Es bleibt schließlich merkwürdig, dass in solchen Fällen [vermutlich: falls Sykosis das aktive Miasma ist] die vorgenannten Arzneien durchgängig den Vorzug verdienen selbst vor den übrigen Mitteln, die gleichwohl sykotische Zeichen und namentlich Feigwarzen (meistens aber von verschiedener Art) unter ihren Zeichen führen. Zu diesen gehören besonders: [es folgt eine, der obigen Liste ähnliche Mittelliste, bei der aber einige Mittel fehlen, einige andere Mittel, wie z.B. Sulf, zusätzlich enthalten sind, und die Wertigkeiten differieren]
...Sollte es vielleicht auch Feigwarzen geben, welche ebenso, wie manche Tripper, nicht eigentlich sykotischer Natur sind...?“[6] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]
▶ Zu dieser obigen Liste der Mittel, die also bei aktiver Sykose zu verwenden sind, ist noch anzumerken, dass sie sich nur auf die sykotische Ähnlichkeit bezieht, dabei aber nichts darüber aussagt, ob die genannten Mittel kurzwirkend (wie Chin, Euphr, Puls, Sabad, und damit für chronische Krankheiten höchstens als Zwischenmittel geeignet), mittellang (wie z.B. Bell, Jod, Ph-ac) oder langwirkend oder sogar sehr langwirkend sind. Diese Zuordnung machte er jedoch an anderer Stelle.[7] Außerdem ist zu beachten, dass die Grade der Mittel in dieser Liste sich nur auf die Ähnlichkeit zu den sykotischen Symptomen der Thuj beziehen, deswegen hat z.B. Carb-an dabei nur den niedrigsten Grad, bei Vergleichung der Ähnlichkeit mit allen Symptomen der Thuj jedoch den höchsten Grad.[8]
Nach v. Bönninghausens Überzeugung enthält Hahnemanns Darstellung der Psora auch Symptome, die diese mit der Sykosis und der Syphilis gemeinsam hat:
„Wenn einmal von dem Hauptantisyphilitikum ( Mercur ) eine ähnliche Zusammenstellung angelegt und das Bild der Psora, wie Hahnemann solches in den 'Chronischen Krankheiten' ( I. S. 58 und 67 ff ) aufgestellt, vermittelst der ausgeschiedenen Zeichen des Quecksilbers und des Lebensbaums auf seine engere Charakteristik beschränkt ist, so muss, wie ich glaube, die Behandlung der chronischen Krankheiten dadurch eine ungemeine Erleichterung und Sicherheit erlangen.“
V. Bönninghausen hofft, dass dieses Wissen auf Grund weiterer Erfahrungen geläutert und ausgebaut wird[9] und er vermutet, dass „...nach Ablauf einiger Jahre, wo weitere Erfahrungen darüber [über die sykotische Anamnese] vorliegen werden, noch manche Änderungen und Vervollständigungen in dieser Hinsicht zu erwarten sind.“[10] Und „Ich kann mich von der Vermutung nicht losmachen, dass es neben der Thuj noch ein Heilmittel geben müsse, welches, wie der Schwefel gegen die Psora und der Mercur gegen die Syphilis, dem ganzen Umfang der Sykosis noch besser entspricht und die Kraft besitzt, dieses Siechtum vollständig zu heilen...(etwa aus dem Mineral- oder dem Tierreich)...[und] welches die unverkennbaren Lücken ausfüllt, die bei jenem [Thuj] vorkommen.“[11] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]
Schon 1833 bemerkt v. Bönninghausen, dass die Thuj (im Gegensatz zum Merc) auch bei manchen rein psorischen Leiden ungemein hilfreich sei.[12]
Krankheiten der Harnorgane
Die größte Zahl der Harnbeschwerden und der Krankheiten der harnbildenden Organe wurzeln vermutlich in dem Boden der Sykose, und können demzufolge nur durch antisykotisch wirksame Arzneien dauerhaft geheilt werden.
▶ Bei den hierfür angegebenen Hauptmitteln:
Hauptmittel für Krankheiten der Harnorgane und Harnbeschwerden
Ant-c, Ant-t, Arg-m, Ars, Aur, Bar-c, Bell, Calc, Carb-an, Carb-v, Caust, Dulc, Euphr, Jod, Lach, Lyc, Merc, Mur-ac, Nit-ac, Nux-v, Ph-ac, Puls, Rhus-t, Sabin, Sec, Sel, Sep, Sil, Staph, Sulf, Zinc.
finden sich etwa ein Drittel zusätzliche (z.B. auch Sulf und Merc) und ein Drittel fehlende Mittel, bezüglich obiger Liste sykotischer Arzneien.[13]
Übrigens: Wer absichtlich oder durch Umstände dazu gezwungen den Harn zu lange aufhält, setzt sich nicht selten erheblichen Gefahren aus:
„Und doch ist es sicher, dass eine Stuhlverstopfung, selbst von mehreren Tagen, in den meisten Fällen bei Weitem nicht so gefährlich ist, als eine Harnverhaltung von nur wenigen Stunden, oder wie eine Unbefriedigung eines heftigen Harndrangs für eine noch kürzere Zeit.“[14]
[13] AHP 262 Anm. (1863)
[14] AHP 362 363 (1863)