Psychische Erkrankungen




Die bei weitem größte Zahl der Geistesverwirrungen gehört überdem zu den chronischen Krankheiten, die am häufigsten in einem psorischen Siechtum wurzeln, aber auch in Missbrauch von arzneikräftigen Dingen ihren Grund haben können...[1] [Nicht kursive Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

Jedes Übermaß über den Zustand in gesunden Tagen gehört schon der Krankheit an, und eine gesteigerte Phantasie, ein überklares Gedächtnis, eine ungewöhnliche Lustigkeit sind eben so sicher Anzeichen einer Krankheit des Geistes, als übermäßiger Appetit und Durst, beschleunigter Puls, hohe Röte des Gesichts und dergleichen mehr ein körperliches Leiden andeuten.[2]

Nicht selten hört ein schweres körperliches Leiden auf, wenn Geist und Gemüt eine krankhafte Veränderung erleiden.[3]  Allerdings lehrt die Erfahrung, dass bei Geistesstörungen die körperlichen Schmerzen in der Regel sehr in den Hintergrund treten und kaum mehr empfunden werden. Selbst bei tiefen körperlichen Leiden und Zerstörungen wichtiger Lebensorgane sehen wir oft, wie durch Zauber, ein Wohlbefinden ohne alle Klage und mit Verschwinden der gefährlichsten Symptome eintreten, sobald der Geist sich zerrüttet darstellt und eine Krankheit der Seele sich gleichsam an die Stelle derjenigen des Körpers gestellt hat.[4]

Die meist mögliche Heilung der Geistes- und Gemütskrankheiten „...bleibt...doch eine schwierige Aufgabe...als dabei wegen gewöhnlichen Mangels an körperlichen Zeichen eine ungewöhnlich scharfe Diagnose und die genaueste Bekanntschaft mit dem wahren Genius der verschiedenen Arzneien, wie solche sich nach einander zur Auswahl darbieten, erforderlich ist. Auch hat die Erfahrung gelehrt, daß die Anwendung unpassender Heilmittel bei Geisteskrankheiten viel länger dauernde und schwieriger wieder zu tilgende schädliche Nachwirkungen zurücklassen, als solches bei den meisten körperlichen Krankheiten der Fall ist, und daß man sich daher hierbei mit verdoppelter Sorgfalt und Umsicht vor Fehlgriffen in Acht zu nehmen hat.[5] [Hervorhebungen durch den Bearbeiter]

Geistesstörungen sind häufig auch das Produkt unterdrückter Hautausschläge.[6]


[1] HA 11 (Juli 1853)

[2] HOM 15 16 (1833)

[3] HOM 15 (1833)

[4] AHP 71 72 (1863)

[5] HA 11 (Juli 1853)

[6] AHP 383 (1863)


Ø Die miasmatische Zuordnung eines Mittels ergibt sich aus der Ähnlichkeit zum Gesamtbild
       des Miasmas und der klinischen Erfahrung, dass es miasmatypische Symptome heilen kann.


Ø
Mehrere Antimiasmatika sind mehrmiasmatisch wirksam.


Ø
Die drei (bekannten) Miasmen komplizieren sich leicht.


Ø
Eine, den ganzen Umfang der Sykosis und Syphilis umfassende, Darstellung oder sogar
      systematische Anordnung der dazugehörigen Symptome und Zeichen fehlte zu v.
      Bönninghausens Lebzeiten. Ebenso war (ist?) das Wissen um charakteristische Symptome,
      die nur einem Miasma exklusiv angehören, sehr unvollständig. Deswegen war (ist?) sowohl
      die miasmatische Zuordnung der Mittel als auch die Diagnose des derzeit aktiven Miasmas oft
      unsicher.


Ø
Die bei weitem größte Zahl der Symptome bei chronischen Krankheiten gehören allen drei
      Miasmen an.

      Um nur exklusiv für die Sykose charakteristische Symptome zu erhalten, sonderte v.
      Bönninghausen aus den Zeichen der Thuj die mit Sulf und Merc gemeinschaftlichen Zeichen
      heraus. Die dann übrigbleibenden, mutmaßlich rein sykoti-schen (d.h. miasmatypischen)
      Symptome können dann sowohl für die Diagnose der Sykose als aktives Miasma als auch zur
      Zuordnung von Antimiasmatika zur Sykose verwendet werden.

      Die größere oder geringere Ähnlichkeit zu diesen (vermutet) rein sykotischen Symptomen
      ergibt dann einen Pool von (auch) sykotischen Mitteln, die vorzugsweise bei einem
      Krankheitsfall mit derzeit aktiver Sykose zu verwenden sind, da sie dem Genius des
      Krankheitsfalles am ähnlichsten sind.

      Bei der Mittelwahl ist dann aber auch noch der Mittelcharakter bezüglich der
      Wirkungsdauer
 zu berücksichtigen.


Ø
Die Thuj kann auch bei rein psorischen Leiden angezeigt sein.


Ø
V. Bönninghausen vermutet, dass die größte Zahl der Krankheiten der harnbildenden Organe
       sykotischer Natur sind, und gibt dafür aus Erfahrung eine eigene Liste mit Hauptmitteln an,
       die nicht mit der Liste der Antisykotika identisch ist.


Ø
Eine Harnverhaltung von nur wenigen Stunden oder eine Unterdrückung eines heftigen
       Harndranges für noch kürzere Zeit kann weit gefährlicher sein als eine Stuhlverstopfung,
       selbst von mehreren Tagen.


Ø
Durch die Pockenimpfung wird sowohl die Psora als auch die Sykose verbreitet. Die nach der
       Pockenimpfung auftretenden Krankheitssymptome weisen am häufigsten auf eine bestimmte
       Gruppe von Antisykotika hin. Bei Krankheitsfällen, die eines dieser Mittel als Heilmittel
       benötigen, ist bei ungenügender Wirkung eine Zwischengabe hochpotenzierter Thuj zu
       verabreichen.


Ø
Die Thuj ist ein Spezifikum gegen die Variola und könnte nach v. Bönninghausen
       die Pockenimpfung ersetzen.


Ø
Bei chronischen Krankheiten muss natürlich bezüglich Mittelwahl, rechtzeitigem
       Behandlungsbeginn und der Noch-Heilbarkeit das jeweilige Krankheitsstadium berücksichtigt
       werden.


Ø
Metastatische Versetzungen sind ein miasmatisches Symptom.


Ø
Die meisten Geistesverwirrungen gehören zu den chronischen Krankheiten, am öftesten
       zur Psora. Da häufig bei Geistesstörungen die körperlichen Zeichen sehr in den Hintergrund
       treten, erfordert die Heilung eine ungewöhnlich scharfe Diagnose und umfassende
       Mittelkenntnis. Die Anwendung unpassender Homöopathika ist bei Geisteskrankheiten
       besonders nachteilig. Geistesstörungen sind gerne die Folgen unterdrückter Hautausschläge.